Ukraine: Europäischer Rat beschließt einstimmig vorübergehenden Schutz für Kriegsflüchtlinge

Der Rat hat heute einstimmig einen Durchführungsbeschluss angenommen, mit dem angesichts des Massenzustroms von Menschen, die wegen des Krieges aus der Ukraine geflohen sind, ein vorübergehender Schutz gewährt wird. Lesen Sie den Text hier.

Der vorübergehende Schutz ist ein Notfallmechanismus, der im Fall eines Massenzustroms von Menschen angewandt werden kann, um Vertriebenen, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, sofort und kollektiv (d. h. ohne vorherige Prüfung von Einzelanträgen) Schutz zu gewähren. Auf diese Weise soll der Druck auf die nationalen Asylsysteme verringert und den Vertriebenen ermöglicht werden, überall in der EU harmonisierte Rechte in Anspruch zu nehmen. Hierzu zählen ein Aufenthaltstitel, der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Wohnraum, medizinische Versorgung und der Zugang zu Bildung für Kinder.

Sobald der Beschluss angenommen ist, wird der vorübergehende Schutz für zunächst ein Jahr gelten. Dieser Zeitraum kann automatisch um sechs Monate, höchstens jedoch um ein Jahr, verlängert werden. Die Kommission kann dem Rat vorschlagen, den vorübergehenden Schutz um ein weiteres Jahr zu verlängern. Sie kann zudem vorschlagen, den vorübergehenden Schutz zu beenden, wenn die Lage in der Ukraine eine sichere und dauerhafte Rückkehr erlaubt.

Ukrainische Staatsangehörige und Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in der Ukraine internationalen Schutz genießen, sowie ihre Familienangehörigen erhalten vorübergehenden Schutz, sofern sie sich vor dem oder am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben. Die Mitgliedstaaten gewähren Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem oder am 24. Februar mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, entweder vorübergehenden Schutz oder einen angemessenen Schutz nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts.

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten diesen Beschluss auf andere Personen anwenden, etwa auf alle Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in der Ukraine aufhalten und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, sowie auf ukrainische Staatsangehörige, die bereits kurz vor dem 24. Februar geflohen sind oder sich im Hoheitsgebiet der EU befunden haben, beispielsweise wegen eines Urlaubs oder einer Arbeit.

Im Rahmen dieses Beschlusses wird die Kommission die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten koordinieren, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Aufnahmekapazitäten im Auge zu behalten und festzustellen, wo möglicherweise zusätzliche Unterstützung erforderlich ist. Die EU-Agenturen, unter anderem Frontex, die EU-Asylagentur und Europol, können auf Ersuchen der Mitgliedstaaten weitere operative Unterstützung leisten.

Hintergrund
Am 24. Februar 2022 haben die russischen Streitkräfte eine groß angelegte Invasion der Ukraine begonnen. Infolgedessen sind beträchtliche Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets nun Gebiete bewaffneter Konflikte, aus denen Tausende Personen fliehen. Noch am selben Tag hat der Europäische Rat die grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste verurteilt und Russland aufgefordert, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine uneingeschränkt zu achten.

Die EU hat die Ukraine und ihre Bürgerinnen und Bürger entschlossen unterstützt und wird dies auch weiterhin tun. Auf ihrer außerordentlichen Tagung vom 27. Februar haben die Innenministerinnen und -minister erörtert, inwieweit ein geeigneter Mechanismus für einen vorübergehenden Schutz eingerichtet werden kann, um Personen, die in der EU Zuflucht suchen, aufzunehmen. Am 2. März hat die Kommission vorgeschlagen, den in der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz von 2001 vorgesehenen Mechanismus zu aktivieren.