Caritas: Geflüchtete in Bosnien brauchen sofort Hilfe und die EU eine andere Migrationspolitik

Caritas-Präsident Neher bezeichnet die Situation im Lager Lipa als humanitäre Katastrophe – Caritas stellt 50.000 Euro für Nothilfe bereit
Freiburg, 20. Januar 2021. „Tausende Geflüchtete, die in Bosnien-Herzegowina sich selbst überlassen wurden, brauchen dringend Hilfe. Wenn sie keine adäquate Unterbringung haben, werden einige von ihnen erfrieren – es geht um Leben und Tod,“ erklärt Caritas-Präsident Peter Neher.

Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, unterstützt die Caritas Österreich dabei, akute Überlebenshilfe für die Geflüchteten im Lager Lipa zu leisten. Verteilt werden Lebensmittel, warme Kleidung sowie Schlafsäcke und Matratzen an die Menschen, die in dem nicht winterfesten Lager ausharren. Es fehlen feste Unterkünfte ebenso wie ein permanenter Stromanschluss und sanitäre Anlagen. In den Wäldern rund um das Camp sind zudem „wilde Lager“ entstanden. Sie werden von den Partnern der Caritas immer wieder aufgesucht und mit Lebensmitteln, Winterkleidung sowie mit Heizmitteln und medizinischer Ersthilfe versorgt.
Versagen der EU-Migrationspolitik
„Die erschütternden Bilder aus Bosnien führen uns einmal mehr länderspezifische Konflikte, aber auch das Versagen der europäischen Migrationspolitik vor Augen,“ so der Caritas-Präsident. „Der Fokus der EU-Politik, übrigens auch der Reformvorschläge aus dem vergangenen Jahr, liegt auf Abschottung und Verriegelung der Grenzen. Das hält die Menschen aber nicht davon ab, sich auf den Weg zu machen, weil die Zustände in ihren Heimatländern für sie unhaltbar sind.“
„Man schafft das Problem nicht ab, indem man wegschaut und die Menschen an den Außengrenzen der EU im Schnee und Dreck ausharren lässt“, sagt Neher weiter. „Wir brauchen konkrete Vorschläge für eine reguläre Migration und ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass unsere westlichen Gesellschaften und unsere Wirtschaft von Migrantinnen und Migranten profitieren. Auch die Länder des Balkans sind nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen.“
EU hat hohen Bedarf an Arbeitskräften
Der Bedarf an Arbeitskräften ist in der EU vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung groß, Arbeitsmigration ist für die europäischen Länder in vielen Branchen und Regionen eine Chance. Neben (hoch)qualifizierten werden auch niedrig- und unqualifizierte Arbeitskräfte gebraucht. „Ich bedauere, dass der im vergangenen Jahr vorgelegte Entwurf eines neuen EU-Asyl- und Migrationspakts diesen Aspekt überhaupt nicht berücksichtigt, sondern Migrantinnen und Migranten überwiegend als ein Problem für die innere Sicherheit betrachtet,“ so Neher.
Gerade die Covid19-Pandemie hat gezeigt, dass Migrantinnen und Migranten eine entscheidende Rolle dabei spielen, unsere Wirtschaft am Laufen zu halten, zum Beispiel in der Landwirtschaft, in der Lebensmittelproduktion und -verteilung, im Pflegebereich und im Gesundheitswesen, aber auch in der Pharmaforschung.
In Bosnien sind etwa 8.000 Geflüchtete – vor allem aus Bangladesch und anderen armuts- und krisengeschüttelten Staaten – gestrandet, die zum Teil bereits vor sechs Jahren ins Land kamen. Wie in anderen Ländern Südosteuropas und in der Türkei gibt es für sie aktuell kaum Perspektiven.

Caritas international bittet für die Geflüchteten in Südosteuropa und der Türkei um Spenden: https://www.caritas-international.de/spenden/